Heute gibt es eine doppelte Premiere auf dem Blog: Ich schreibe tatsächlich zum ersten Mal einen deutschsprachigen Post. Und dann gleich noch einen persönlichen Erlebnisbericht. Hurra! (Bzw. sagt ihr mir doch was ihr denkt, ich überlege ja schwer auf Deutsch umzusteigen)
Ich gelobe trotzdem keine cheesy Pärchenfotos und auch keine schwülstig-romantischen Tagebucheinträge – es darf ruhig persönlich sein ohne dass ich euch unsere Liebesgeschichte um die Ohren pfeffere 😉 Ich hoffe ihr seid einverstanden…
Jedenfalls gibt es irgendwie keinen besseren Anlass als unser kleines Hurricane-Abenteuer um mal das Blog-Konzept völlig über den Haufen zu werfen 😉
Egal wo ich in letzter Zeit hingegangen bin – eine Geschichte war das Thema #1: Unsere Flucht vor Hurricane Irma. Also, festhalten, los geht’s!
Fort Myers Beach bei Sonnenuntergang – von Irma noch nichts zu sehen.
Mal gleich vorweg: Wir reisen seit über 10 Jahren nach Florida (aus privaten Gründen – also so echter Urlaub 😉 ). Und zwar zwei Mal im Jahr, immer im August und im Dezember. Wer sich in dieser Gegend ein bisschen auskennt, der weiß, dass Florida im Sommer eigentlich nicht die beste Destination ist.
Während wir im Dezember in der Hauptsaison in Florida sind, ist es im August ziemlich ausgestorben dort. Nicht nur weil es einfach wirklich unerträglich heiß und vor allem klebrig-schwül ist, sondern eben wegen der Hurricane Saison.
Hurricane Saison in Florida
Die Saison beginnt ja offiziell erst im September so richtig. Trotzdem haben wir schon einmal vor einigen Jahren einen Hurricane live erlebt. Der war letztlich dann in Florida “nur” mehr ein Tropensturm, aber dennoch galt 2 Tage Ausgangssperre und wir waren im Ferienhaus “gefangen”. Dieser Hurricane hat aber weder die Stärke von Irma gehabt, noch hatten wir irgendwelche Stromausfälle oder gar Internet- oder Handynetzausfälle. Letztlich haben wir 2 Tage Nachrichten geschaut und uns nur deshalb gefürchtet 😉
Die Nachrichten in den USA sind ja an sich schon ein einziges Feuerwerk an Angstmacherei, aber während des Hurricanes erreicht das nochmal ein neues Niveau an Irrsinn… Das Highlight war als im Nachrichtenblock ein Walmart-Manager “interviewt” wurde und empfohlen hat man soll noch schnell kommen und Generatoren und alles mögliche kaufen, sonst wäre alles ausverkauft! Panikmache PLUS Verkaufsschmähs vertragen sich halt gut 😉
Fort Myers Beach – Idylle vor Hurricane Irma
Irma: Der Ausnahme-Hurricane
Aber zurück zu Irma: Bei Irma soll das alles ein bisschen anders laufen. Bei Irma war die ganze Panikmache schon eher gerechtfertigt. Noch nie hatte ein Hurricane so lange eine so hohe Windstärke (über 250km/h). Noch nie war ein Hurricane so heftig.
Schlussendlich sollte in Fort Myers (wo wir immer sind, an der Westküste von Florida) 8 Tage nichts funktionieren – kein Strom, kein Internet, kein Handyempfang, einfach tote Hose! Wir waren froh, dass wir als Touristen überhaupt die Option hatten “einfach” unsere Koffer zu packen und zu verschwinden. Unsere Freunde in Florida hatten nicht so viel Glück: 8 Tage ohne Klimaanlage, Kühlschrank & Co. sind nicht lustig im heißen Florida! Jetzt mal ganz abgesehen von den Schäden, die entstanden sind.
Bei unseren Freunden wurden Bäume entwurzelt, das Gartenhaus völlig zerstört und das Hausdach muss komplett neu gemacht werden. Kostenpunkt: Einige zehntausend Dollar. (An dieser Stelle könnt ihr euch jetzt einen Spendenaufruf vorstellen 😉 Aber wir halten uns zurück und verweisen jetzt mal lieber auf Puerto Rico, wo es wirklich arme Leute getroffen hat.)
Wie wir überhaupt in das Hurricane-Schlamassel geraten sind
Genug gejammert – ihr seid ja hier, weil ihr wissen wollt, wie wir aus dem ganzen Schlamassel rausgekommen sind. Also der Reihe nach!
Unter ganz normalen Umständen wären wir im September gar nicht mehr in Florida. Aber dieses Jahr war nichts normal 🙂 Wir hatten Anfang September eine Einladung nach Aruba. Und weil Aruba gar nicht so weit weg von Florida liegt (2 Stunden Flugzeit von Miami), haben wir beschlossen unseren Florida-Urlaub zu verlängern. Vor allem, damit wir nicht zwei Mal die Langstrecke in so kurzer Zeit hin und her fliegen müssen.
Gesagt getan, haben wir also unsere AUA-Flüge nach Miami gebucht, Hinflug im August – Rückflug erst am 8. September. Und damit es uns nicht zu stressig wird, haben wir nach der Woche Aruba geplant noch 2 Nächte in Miami zu bleiben.
In Aruba war vom Hurricane noch nichts zu spüren!
Unsere Flucht vor dem Hurricane
Begonnen hat alles auf Aruba. Plötzlich erreichen uns auf Instagram ein paar besorgte Direct Messages von einigen von euch, die fragen ob wir eh nicht im Einzugsgebiet des Hurricanes liegen. Ganz entspannt antworten wir, dass Aruba völlig außerhalb des sogenannten “Hurricane Belts” liegt. Diese Zone umfasst quasi die gesamte Karibik bis Florida. Aruba liegt ganz im Süden der Karibik (fast schon bei Venezuela) und ist somit fast zu 100% “hurricane safe”.
Was wir nicht wissen: Der Hurricane, der sich da in der Karibik braut, sollte uns noch länger beschäftigen. Irma war geboren.
Wir verbringen also recht entspannt unsere Reise in Aruba, aber checken trotzdem jeden Tag wie sich Irma entwickelt. Als die Woche auf Aruba zu Ende geht beginnen sich unsere Gespräche mit unseren Bloggerkollegen Andrea, Milena und Sylvia schon mehr und mehr um Irma zu drehen – aber wir bleiben entspannt. Irma wird schon noch abdrehen, die Vorhersagen sind eigentlich nie richtig und überhaupt – Kategorie 5 bleibt Irma bestimmt nicht.
Es kommt was kommen muss: Am Tag der Abreise aus Aruba überfällt uns dann doch eine leichte Panik 🙂 Wir haben uns irgendwie gar nicht mit dem Szenario beschäftigen wollen, dass wir doch mitten in die Katastrophe hinein fliegen. Es ist der 6. September und Florida bereitet sich langsam auf ein mögliches Eintreffen von Irma vor.
Wir sitzen also in unserem Hotel in Aruba, die Koffer schon gepackt und überlegen doch nicht nach Miami zu fliegen. Leicht panisch checke ich also noch Last Minute Flüge auf Skyscanner und Co. und rufe sogar noch bei einem lokalen KLM-Partnerreisebüro in Aruba an. Mission: Noch schnell einen Flug nach Wien von Aruba bekommen, statt nach Miami zu fliegen 🙂
Das kleine Problem dabei: Wir haben einen Koffer in Miami gelassen, weil wir nur mit kleinem Gepäck nach Aruba reisen wollten. Parallel telefonieren wir also mit dem Hotel in Miami ob sie uns den Koffer nach Wien nachschicken können.
Hier sitzen wir und streiten, wer Schuld hat an Irma 😉
Kostenvoranschlag: 744 Dollar für Fedex + 1.500 Euro für die Flüge
Wenig später liegen die Fakten am Tisch: Fedex verlangt für unser (zugegeben nicht ganz kleines 😉 ) Gepäckstück mindestens 744 Dollar (mit Versicherung eher über 900 Dollar). Und die Flüge mit KLM über Amsterdam nach Wien kosten fast 800 Euro pro Person.
Es folgt ein semi-romantischer Pärchenstreit darüber wer Schuld an der Misere hat und wie wir das jetzt lösen (danke Milena, Andrea und Sylvia, dass ihr dezent weggeschaut und gehört habt) 😉
Letztendlich entscheiden wir uns gegen die vorzeitige Flucht aus Aruba und für das Risiko Miami.
Der Hurricane trifft laut Vorhersage erst am Sonntag (10. September) auf Florida, unser Rückflug geht am Freitag (8. September) nachmittag, wir riskieren es! Bei der AUA scheint der Flug noch immer mit dem Status “On time” auf. Olé 🙂
Unser Abflug aus Aruba geht also in’s Ungewisse!
Eigentlich wollten wir für 2 Tage Miami auch gar kein Mietauto mehr buchen, aber zum Glück hören wir auf eine leise innere Stimme, die uns davon überzeugt noch rasch ein Auto zu reservieren.
(Falls ihr mal in so einer Lage seid: Wir buchen immer über billiger-mietwagen.de – hier gibt es auch einen Auswahlpunkt “Sofort verfügbar”. Wenn man so ein Angebot bucht, muss man nicht auf eine Rückbestätigung des Vermieters warten, sondern das Auto ist fix verfügbar und wird sofort bestätigt.)
Ankunft in Miami am Mittwoch vor Irma
Es ist also Mittwoch. Wir fliegen nach Miami, holen direkt unser Mietauto bei Alamo ab und fahren Richtung Hotel – also direkt an den Strand von Sunny Isles Beach (im nördlichen Teil von Miami). Dort angekommen empfängt uns ein fast leeres Hotel und halbwegs entspannt wirkende Mitarbeiter.
Wir sprechen mit allen und sie sagen quasi dasselbe: Wir schauen mal was kommt – Sandsäcke und Shutters für die Fenster haben wir besorgt. Es wird schon gutgehen! Optimismus à la USA – das mögen wir 🙂
Ein paar Möbel stehen noch herum – werden aber auch bereits weggeräumt.
Unser Gefühl ist: Wir verbringen jetzt den Donnerstag einfach in unserem Hotel, arbeiten ein bisschen, entspannen vom doch recht anstrengenden Aruba-Trip und fliegen dann am Freitag nach Hause.
T-2 Tage bevor Irma auf Miami treffen soll.
Eigentlich hab ich mir geschworen die Nachrichten zu ignorieren, schalte sie am Schluss aber doch ein. Für Mittwoch spätnachts ist dann noch eine Pressekonferenz mit dem Bürgermeister von Miami angesetzt. Während Raffael schon schläft beschleicht mich ein schlechtes Gefühl. Wenn der Bürgermeister mitten in der Nacht noch etwas kommuniziert kann das nichts Gutes sein.
Trotzdem schaff ich es nicht wach zu bleiben, sondern schlafe relativ entspannt ein. Und das obwohl unser Flug nicht mehr ganz so bestätigt scheint – der Flugstatus ist mittlerweile leider nicht mehr “On Time” sondern “We are currently not able to display a flight status for the selected route and day.”.
Das sieht nicht gut aus 🙂
Donnerstag: Miami Beach wird evakuiert
Es ist Donnerstag früh – wir wachen mit dem (fast kitschig schönen) Sonnenaufgang auf. Als wir vor einer Woche hier waren, war der Strand voll Jogger und “Morning Yoga” Queens 😉
Heute ist der Strand leer. Komplett leer. Und das bei schönstem Wetter.
Ich weiß gar nicht warum, aber ich checke gleich als Erstes die Eingangstür bei unserem Hotelzimmer. Und dort liegt er: Der Zettel mit der Evakuierungsnotiz. Man könnte meinen, dass wir es schon erwartet haben. Aber es trifft uns trotzdem wie der Schlag. Es wird ernst. Die Gefahr ist real.
In Florida wir die Steuer auf Benzin ausgesetzt, die Maut für die Autobahnen gilt nicht mehr, alle sind auf der Flucht.
Wir packen unsere Koffer und denken eigentlich nur mehr an die Abreise, aber das Hotel nimmt seine Rolle als Luxusresort ernst und serviert uns tatsächlich noch Frühstück auf’s Zimmer 🙂 Wir hatten das am Vorabend bestellt – als wir dachten der Donnerstag wird ein gemütlicher Tag im Hotel… Naja, fast! 😉 Trotz Evakuierung bekommen wir Pancakes und Eggs Florentine! Irgendwie völlig skurril 🙂 Sollten die Hotelmitarbeiter nicht schon längst ihre Sachen gepackt haben und auch evakuiert werden? Aber es gilt – Gäste zuerst, dann erst das Personal.
Unsere “Henkersmahlzeit” in Miami 😉
(Falls ihr mehr über das wirklich tolle Hotel erfahren wollt – hier geht’s zum Hotel Review vom Acqualina Resort.)
Mit dem Auto an die Westküste
Es ist Donnerstag früh. Wir melden uns bei unseren Freunden in Fort Myers – ob wir bei ihnen eine Nacht schlafen können. Der Flugstatus bei der AUA ist immer noch unklar. Wir planen also die 2,5 Stunden nach Fort Myers zu fahren, dort zu übernachten und am nächsten Tag wieder nach Miami zum Flughafen zurückzufahren.
American Airlines hat mittlerweile bekanntgegeben, dass alle Flüge bis Freitag um 16 Uhr stattfinden – danach wird der Flugverkehr eingestellt. Unser AUA-Flug soll Miami um 16:45 Uhr verlassen.
Während am Donnerstag alle Autobahnen nach Norden völlig überlastet sind, fahren wir ganz gemütlich nach Westen. In Fort Myers angekommen helfen wir unseren Freunden noch den Garten aufzuräumen – alles was lose ist muss weggeschafft werden.
Wir checken alle paar Minuten den Flugstatus bei der AUA, noch immer kein Update. Wir fahren zum Supermarkt und sind überrascht – trotz Nachrichtenwahnsinn sind alle Regale voll. Es gibt frisches Sushi und Überfluss wie eh und je. Doch dann kommen wir zum Regal mit dem Wasser. Alles ist ausverkauft! Es gibt nur mehr ein paar Flaschen Fiji (das teuerste Wasser in jedem Supermarkt). Wir kaufen ein paar Flaschen, obwohl wir ja nur eine Nacht bleiben wollen.
Wasser wird Mangelware – schon vor Hurricane Irma in Florida.
Unser Flug wird gestrichen
Es ist Donnerstag Abend. Die AUA schickt eine SMS. Der Flug wurde gestrichen. Wir sollen uns telefonisch bei einer Hotline melden.
In der Sekunde rufe ich an und wir bekommen das Angebot am Montag von Miami nach Hause zu fliegen. Am Montag! Das hieße wir würden während des Hurricanes hier sein. Wir hatten nichts! Kein Wasser, keinen Generator für Notstrom, kein Internet (nur Roaming mit dem Handy, das uns zumindest dank Drei Business-Tarif nur einen Euro pro Tag kostet).
Und: Wenn der Hurricane so schlimm ist wie alle sagen, würden dann am Montag überhaupt Flüge von Miami wegfliegen? Wie realistisch ist das alles? Am Donnerstag heißt es nämlich weiterhin das Zentrum des Hurricanes würde genau über Miami ziehen. Immer noch Kategorie 5! Errechnetes Auftreffen eventuell schon Samstag Nacht und nicht erst Sonntag. Starke Schäden werden erwartet.
Wir sagen Danke für das Angebot, aber lehnen ab. Wir wollen jetzt einfach nur weg.
Wir recherchieren alle Flughäfen in der Nähe und alle Flüge, die irgendwie irgendwohin weg gehen. Doch alles ist ausgebucht oder kostet über 10.000 Dollar pro Person.
Kleinlaut rufe ich also doch wieder bei der AUA-Hotline an. Könnten wir auch von einem anderen Flughafen als Miami wegfliegen? Die Antwort ist: Ja. Und es kostet nicht mal eine Umbuchungsgebühr!
Miami Beach wird uns also doch nicht wiedersehen. Zumindest diesmal nicht 😉
Alternative Flüge von Orlando bis Atlanta
Es ist Donnerstag spät am Abend. Die Hotline ist nur bis 22 Uhr besetzt. Es ist 21 Uhr und wir haben noch immer nicht entschieden was wir machen wollen. Ich gehe mit der unfassbar entspannten Hotline-Mitarbeiterin der AUA alle Flughäfen und Optionen durch 🙂
Was ist mit Savannah? Und Tampa? St. Petersburg? Orlando? Atlanta? Ich frage so ziemlich nach jedem einzelnen verfügbaren Flughafen 🙂 Die arme Frau hat wirklich engelsgleiche Geduld mit mir. Trotz allem: Es gibt nur Flüge am Montag. Irma soll aber bis Atlanta ins Land ziehen und Schäden anrichten.
Einmal Risiko reicht 🙂 Jetzt wollen wir wirklich weg! Es gibt einen Flug nach Wien von Washington DC. Ein Direktflug. Am Sonntag. Ich schaue Raffael an, er nickt, wir sagen zu und buchen diesen Flug.
Neues Ziel: Washington DC, 1.001 Meilen nach Norden
Ich gebe die Route in Google Maps ein. 1.001 Meilen = 1.610 Kilometer. 16 Stunden Fahrzeit. Wir haben Zeit bis Sonntag. Das sollte ja nicht so schwer zu schaffen sein.
Minuten später habe ich auch schon die neuen Tickets am Handy. Wir packen unsere Koffer und planen grob die Route. Zwischenstopps in Savannah und Richmond klingen vernünftig. Ich buche schnell ein Hotelzimmer in Savannah für die nächste Nacht und wir legen uns schlafen. Wir wollen fit sein für die erste Teilstrecke bis Savannah. Etwa 450 Meilen und 7 Stunden Fahrtzeit sind berechnet.
Es ist Freitag früh. Wir setzen uns ins Auto und fahren los. Spätestens bei Tampa beginnt der Verkehr zu stocken. Über 6 Millionen Menschen sind in Florida in Evakuierungszonen Zuhause. Das merkt man dann doch auf der Straße!
Insgesamt brauchen wir nicht 7 sondern 10 Stunden nach Savannah. Wir verlassen mehrfach die Autobahn und werden auf kleineren Landstraßen umgeleitet. Leider passieren viele Unfälle, oft stehen wir im Stau.
Ja, und dann gibt es noch ein kleines Problem: Das Benzin wird knapp.
Hier ist kein Benzin mehr zu holen…
Die Amerikaner sind auf sowas gut vorbereitet. Aber wir nicht. Kanister sind überall ausverkauft. Wir können also nicht auf Vorrat tanken, sondern müssen uns darauf verlassen am Weg Tankstellen zu finden, die noch genug Benzin haben.
Wir stehen in der Schlange um zu tanken. Es gibt aber auch sofort eine Website, die in ganz Florida Tankstellen listet, die noch Benzin haben. Upgedated von den Locals. Respekt, liebe Amis, das könnt ihr dann doch!
Aber wir haben auch Glück: Hier wird gerade frisch nachgeliefert!
Plötzlich ein Anruf von Hotel Tonight*: Wir sollen uns bitte in Savannah in unserem Hotel melden. Wir rufen sofort in Savannah an und die Hotelbesitzerin sagt uns, dass sie ihr Haus schließen muss, weil sie ihr Personal nach Hause geschickt hat.
(*Hotel Tonight ist übrigens eine App, mit der man ganz einfach vom Handy Last Minute Hotelzimmer buchen kann – perfekt für diesen Einsatz.)
Die Straßen in Savannah sind wie leer gefegt.
Die nächste Überraschung: Savannah wird auch evakuiert
Die gute Nachricht: Unsere Hotel-Lady hat noch ein zweites Haus, hier können wir für die Nacht unterkommen. Statt im Dresser Palmer House schlafen wir also im Azalea Inn – auch ok 🙂
Als wir in Savannah ankommen sehen wir es schon. Die Geschäfte haben die Fenster bereits vernagelt, die Straßen sind fast menschenleer. Es ist Freitag Abend.
Savannah wird am Samstag evakuiert. Errechnetes Auftreffen von Irma: Sonntag Nacht oder Montag früh.
So leer erlebt man Savannah wohl selten.
In Savannah spazieren wir noch ein bisschen durch die Stadt. Die Beine vertreten nach der langen Autofahrt. Wir fühlen uns fast ein wenig schuldig, weil wir unsere Reise doch ein bisschen genießen 🙂
Das Hotelzimmer ist entzückend, wir wohnen in einer richtigen Südstaaten-Villa und zum Frühstück tischt uns die Hotelbesitzerin nicht nur köstliche hausgemachte Speisen auf, sondern auch noch ihre besten Geschichten 😉 Also wenn ihr mal in Savannah seid – wir können das Azalea Inn nur empfehlen!
Azalea Inn in Savannah.
Hier wären wir lieber nicht nur auf der Flucht untergekommen 😉
Die vorletzte Etappe: Auf nach Richmond
Es ist Samstag früh. Jetzt sollten wir eigentlich schon in Wien angekommen sein. Und unser Mietauto sollte natürlich auch schon längst in Miami zurück sein!
Das ist uns zum Glück schon früher eingefallen, also haben wir bei Alamo angerufen. Dort begrüßte uns sofort ein Tonband mit allen Infos. Alle Mietwagenstationen in Südflorida sind geschlossen. Wer ein Auto hat, darf es kostenfrei länger behalten. Wer wegen des Hurricanes geflohen ist und das Auto an einer anderen Station retournieren will, kann dies auch kostenfrei tun. Nicht schlecht!
Unsere heutige Etappe sind wieder etwa 450 Meilen. Errechnete Fahrtzeit 7 Stunden. Diesmal brauchen wir 9,5 Stunden. Es gibt wieder einige Staus und Unfälle. Spannend ist dabei zumindest immer die Gegenfahrbahn zu beobachten.
Nach Süden fährt fast niemand. Nur Benzinlaster und Reparaturtrucks von Elektrikerbetrieben. Hunderte.
Wir sind überrascht! Bis ganz in den Norden hinauf das gleiche Bild. Jeder noch so kleine, lokale Elektrikerbetrieb scheint helfen zu wollen und scheut dabei nicht mal das Risiko selbst in den Hurricane zu geraten! Wir fragen uns ob das in Österreich genauso laufen würde?!
Willkommmen in Richmond, Virginia.
Grande Finale: Von Richmond nach Washington DC
Es ist Sonntag früh. Unser Hotel in Richmond (Quirk Hotel) ist wieder mal ein echter Glücksfall. Wir frühstücken nochmal ausgiebig und genießen das großzügige Zimmer und den Ausblick über die Stadt.
Nach Richmond wollen wir wieder – nicht nur wegen des superschönen Quirk Hotels.
Dann heißt es ein letztes Mal Koffer packen und auf nach Washington – nur noch 2 Stunden Fahrtzeit sind geplant. Tatsächlich sind diesmal fast keine Staus mehr – so weit nach Norden flieht dann doch keiner mehr 🙂 Richmond ist auch die erste Stadt auf unserem Roadtrip, die nicht evakuiert wird 😉
Angekommen am Flughafen fahren wir zu Alamo und entschuldigen uns gleich, dass wir eigentlich das Auto in Miami hätten zurückgeben sollen. Die Dame lächelt nur und sagt “You’re not the first… and probably not the last today.” 🙂 Ein Routinefall.
Wir schauen uns noch einmal um, nehmen den kleinen Bus zum Terminal und checken in Washington ein, als wäre es nie anders geplant gewesen.
Niemand wundert sich oder fragt uns. Wir haben einfach ganz normale Tickets und sind ganz normale Fluggäste.
Es ist Sonntag nachmittag. Wir sitzen im Flugzeug und schauen aus dem Fenster. Ciao USA. Stay safe!
Updates aus Florida
Es sollte acht weitere Tage dauern bis wir das erste Mal nach Hurricane Irma von unseren Freunden in Fort Myers hören. Dazwischen können wir nur über Youtube und Twitter erste Bilder aus Fort Myers sehen. Hurricane Irma hat nochmal die Route geändert. Nicht über Miami, sondern genau über Fort Myers ging das Zentrum des Hurricanes. Genau über unseren Urlaubsort!
Aber von Kategorie 5 schwächte Irma rasch auf Kategorie 2 ab, die Schäden sind nicht katastrophal. Niemand ist gestorben! Wir sind erleichtert, aber trotzdem froh, dass wir nicht mittendrin sein mussten!
Eines steht fest: Wir verlängern unseren Florida-Urlaub nicht nochmal bis in den September!
❤️ Was meint ihr:
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